Beitragsbild von Mouni zum Thema "Selbstständigsein mit Rheuma? Geht das?"

Selbstständigsein mit Rheuma? Geht das?

Mit Rheuma leben und arbeiten. Wir brauchen manchmal besondere Bedingungen.

Sicher, einige möchten wahrscheinlich lieber gar nicht mehr arbeiten und das geht nicht nur Menschen mit Rheuma so, oder? Manchmal träume ich davon im Lotto zu gewinnen und meine Zeit wellenreitend auf Hawaii zu verbringen. Doch spiele ich weder Lotto noch kann ich auf eine Erbschaft hoffen. Also muss ich mich doch damit auseinandersetzen wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene.

Auf jeden Fall ist es wichtig für Menschen mit Rheuma, die Arbeitssituation so zu gestalten, dass es für ihre speziellen Bedürfnisse passt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es nicht immer leicht ist am Arbeitsplatz darüber zu sprechen. Nun brauche ich es nicht mehr, aber in meinen anderen Arbeitsstellen war es wichtig. Meist habe ich es schon im Bewerbungsgespräch thematisiert und durch meine Ehrlichkeit waren meine Arbeitgeber überwiegend verständnisvoll und waren bereit, Lösungen zu finden und mit mir zu kooperieren.

Mittlerweile lebe ich seit ca. 36 Jahren mit der Diagnose Rheumatoide Arthritis und das Thema Arbeiten hat mich immer umgetrieben. Übrigens: auf der Service-Seite der Rheumahelden gibt es hilfreiche Broschüren, die Hilfestellungen zum Berufseinstieg und zum Umgang mit Behörden geben.

 

Berufsfindung als Rheumapatientin

Nachdem ich in den ersten zwei Jahren nach meiner Diagnose kaum arbeiten konnte, weil es mir gelinde gesagt nicht gut ging, habe ich mir eine Vollzeitstelle in einem Büro gesucht, da ich unbedingt wieder arbeiten wollte – (fast) egal was. 40 Stunden arbeiten ohne viel Rücksicht auf meinen noch schmerzenden Körper war dann doch einfach zu viel. Schon nach einem Jahr habe ich das Handtuch geschmissen. Sehr ungünstig war dort vor allem die Arbeitsatmosphäre. Ein cholerischer Chef, wenig Pausen und ein hohes Arbeitstempo.

Ich suchte mir etwas anderes. Eine Freundin vermittelte mir eine Arbeitsstelle in einem kleinen Büro für den Vertrieb von Software und versicherte mir, dass die Atmosphäre hier ganz anders ist und, dass ich es schaffen würde.

Gut, gesagt getan. Ich fing dort an und ja, es ging mir blendend dort. Das Herausragende war, dass dort für die Mitarbeiter gekocht wurde. Immer frisch, und noch dazu so, dass ich alles mitessen konnte. Freundlicherweise wurde dort auf meinen eigens erstellten Diätplan Rücksicht genommen.

Die Atmosphäre war richtig gut und das Arbeitstempo entspannt. Das war ideal für mich. Nachdem ich dort 5 Jahre gearbeitet habe, musste das Unternehmen Insolvenz beantragen, da die Software im Preis verfiel und der Markt mit Konkurrenzprodukten überschwemmt wurde.

Also auf zu neuen Ufern.

 

Wer kann mir als Rheumapatientin in der Berufswelt helfen?

Doch ich hatte großes Glück, wieder bekam ich über eine Freundin eine Stelle, die meinem Bedürfnis entsprach, einerseits Teil des Arbeitslebens zu sein und gleichzeitig gut für meine Gesundheit sorgen zu können.

Diesmal gab es keine Köche, die mir gutes Essen servierten. Diesmal musste ich wieder für mich selbst kochen und eben auch vorkochen.

Doch dazu war ich bereit. Merkte aber, dass ich dann keinen 40 Stunden Job machen kann. Die Geschäftsleitung war großzügig und ließ sich auf meinen Wunsch 30 Stunden zu arbeiten, ein.

Ich arbeitete also 6 Stunden pro Tag und hatte genügend Zeit drum herum, um für mich zu kochen und mich auszuruhen. Das Essen nahm ich mit zur Arbeit. Damit war für mich gesorgt. Das Team in dem ich arbeitete war super und es hat wirklich viel Spaß gemacht.

In großen Firmen zu arbeiten kann ein Vorteil sein. Gerade hier lohnt es sich offen mit dem Arbeitgeber zu sprechen, denn in großen Betrieben gibt es Schwerbehindertenvertreter und  Beauftragte für betriebliche Eingliederungsmaßnahmen (BEM) an die du dich vertrauensvoll wenden kannst. Gemeinsam finden diese mit Dir Lösungen. Wenn Du in einer großen Firma arbeitest ist Dir das sicherlich bekannt. Trotzdem trauen sich viele nicht, es anzusprechen, da sie denken als faul oder als nicht vollwertige Arbeitskraft angesehen zu werden. Falls es bei dir so ist, überdenke dies lieber noch einmal.

Mittlerweile besuchte ich neben der Arbeit auch viele Fortbildungen im Bereich Kochen und Ernährung. Ich begann Kochkurse zu geben und als freiberufliche Köchin zu arbeiten.

Langsam schlich ich die kleinen Jobs aus und konzentrierte mich ganz auf meine Selbstständigkeit.

Beitragsbild Mouni zum Thema "Selbstständigsein mit Rheuma? Geht das?"

 

Wie geht es mir in der Selbstständigkeit mit Rheuma?

Was mir an meiner Selbstständigkeit sehr gefällt ist, dass ich mir den Tag so einteilen kann, wie ich möchte. Natürlich habe ich Termine, aber, wenn ich z. B. merke, dass ich müde bin, habe ich die Möglichkeit, mich für 20 Minuten hinzulegen. Das genieße ich sehr und ich fühle mich dadurch insgesamt viel ausgeruhter. Auch in Ruhe kochen und essen ist möglich. Beides ist mir sehr wichtig, weil ich merke, dass ich mich dadurch in meinem Körper wohler fühle und meine rheumatischen Beschwerden lindern kann.

Ein weiterer Vorteil ist, dass ich morgens, wenn ich es brauche, auch mal länger schlafen kann. Das ist angenehm. Ich merkte schon in meinen festangestellten Jobs, dass ich es beschwerlich finde, immer zur gleichen Zeit aufzustehen – vor allem, wenn ich mich nicht gut fühle. Auch das wirkt sich positiv auf „mein Rheuma“ aus.

Es gibt allerdings auch immer sogenannte „heiße“ Phasen, in denen ich meine Bedürfnisse meiner Arbeit unterordnen muss. Wenn ich z. B. einen Kochkurs am Abend gebe und müde bin, dann ziehe ich es natürlich durch. Am nächsten Tag kann ich meistens zum Glück ausschlafen.

Die Nachteile bei einer freiberuflichen Tätigkeit kann der Existenzdruck sein. Falls das Geschäft nicht gut läuft. Und das kann für Menschen mit einer chronischen Erkrankung ziemlich stressig sein.

Wenn Du allerdings etwas gefunden hast, was Du gerne machst und Leidenschaft dafür empfindest, gibt dir diese Tätigkeit eben auch sehr viel Lebensfreude, was sich sehr positiv auf dein gesamtes Leben auswirkt.

Eine freiberufliche Tätigkeit zu starten, sollte also am besten mit viel Sicherheit begonnen werden. Vielleicht noch mit einem Job, der dir die Miete sichert.

Mir selbst fällt es bei dieser Arbeitsform manchmal schwer eine gute Arbeitsstruktur hinzubekommen. D.h. wann esse ich, wann koche ich, wann mache ich Pause. Es ging mir phasenweise so, dass ich gar nicht dazu kam, etwas zu essen, weil ich es unnötigerweise vor mir her schob, um noch dieses oder jenes zu erledigen.

Es gehört auf jeden Fall einiges dazu, es gebacken zu bekommen mit der Arbeitsstruktur, dem Geld verdienen, der Gesundheit und den Anforderungen, die ein Arbeitsleben stellt.

 

Mit und trotz Rheuma!

Wir haben alle so unterschiedliche Lebensbedingungen. Für die einen mag es richtig sein, die Frührente zu beantragen, andere wollen unbedingt weiterarbeiten, einige finden Wege, sich selbstständig zu machen – so wie ich. Und das alles mit Rheuma und trotz Rheuma.

Welchen Weg hast Du beschritten? Welche Fragen beschäftigen Dich in diesem Zusammenhang? Wo stehst Du?