Zuversicht mit Rheuma

Die Krankheit annehmen, mit ihr leben und aktiv an der Behandlung teilnehmen

Als ich 36 Jahre alt war, sorgte der erste Schub von Morbus Bechterew für eine unglaubliche Verunsicherung und Angst, was da in meinem Körper los war. Nach sechs Wochen war der „Spuk“ vorbei und schnell hatte man die Schmerzen und Einschränkungen vergessen. Zu der Zeit war mir noch nicht klar, dass es sich um Morbus Bechterew handelt.

Wir Menschen sind da schon einzigartig. Funktioniert der Körper nicht wie gewohnt, merkt man erst, wie verwundbar man sein kann und wie schnell Dauerschmerzen auch die Gefühlswelt beeinflussen können. Kaum lassen die Symptome nach, vergisst man, wie verwundbar unser Körper sein kann und geht zur Tagesordnung über. Ohne den Körper entsprechend zu schonen und Anpassungen in der Lebensweise vorzunehmen.

 

Endlich wissen, was los ist

Die Schübe kamen in immer kleineren Zeitabschnitten und waren teilweise noch heftiger, als die mir bereits Bekannten. Ein erneuter schwerer Schub veranlasste mich zu mehr Eigeninitiative. Ich beobachtete den Ablauf des Schubes genau, um den Ärzten mehr Informationen geben zu können. Nach 15 Jahren war es ein Orthopäde, der auf Grund meiner Beobachtungen Morbus Bechterew in Verdacht hatte. Die „normalen“ Rheuma- und Schmerzmittel halfen nur bedingt. Er überwies mich zu einem Rheumatologen, der dann die Erkrankung bestätigte. Ich war erleichtert! Ja, das war ich wirklich. Endlich wusste ich, gegen was ich da anzutreten hatte. Heute nenne ich Morbus Bechterew auch liebevoll den „kleinen Russen“ nach dem Entdecker, dessen Name Bechterew war.

 

Nicht für, sondern mit der Erkrankung leben

Jede chronische Erkrankung stellt eine Herausforderung für den Patienten und den Arzt dar. Ich bekam durch meinen Rheumatologen die beste medizinische Versorgung. Aber das reicht nicht! Die eigene Einstellung muss stimmen! Nicht für die Krankheit leben, sondern mit der Krankheit leben – das ist meine Devise.

Natürlich habe ich es im Vergleich zu Handwerkern und denen, die körperlich starken Belastungen ausgesetzt sind, als IT-Spezialist und Arbeitgebervertreter im Prüfungsausschuss bei der Industrie- und Handelskammer wesentlich leichter, im Arbeitsleben zu bestehen. Ich hätte es für einen großen Fehler gehalten, aus dem Arbeitsleben auszusteigen. Es wäre der erste, große Schritt in die Isolation gewesen! Klar, manchmal macht mir der „kleine Russe“ schon zu schaffen, aber es geht!

Selber aktiv werden kann den Verlauf der Erkrankung erheblich mildern. Ich bewege mich konsequent jeden Tag bis zu einer Stunde, zum Beispiel durch Walken, Joggen oder Gymnastik. Auch wenn es in den Anfängen schmerzt. Nicht auf ein Wunder durch das Medikament hoffen, sondern Verantwortung für mich und meine Angehörigen übernehmen, half mir enorm. Sehr schnell ging es mir wieder recht gut. Das Medikament zeigte nach ca. drei Monaten eine sehr positive Wirkung. Mein Selbstbewusstsein kam zurück, die depressive Stimmung nahm immer mehr ab und das Leben kehrte zurück.

 

Meine Rückschläge

Nach zwei Behandlungsjahren setzte mir dann eine neue Funktionsstörung schwer zu. Ein nicht zu erklärender Dauerdurchfall erschwerte die sportlichen Aktivitäten und den Willen, aktiv an der körperlichen Fitness zu arbeiten. Schmerzhafte Fisteln ließen mich verzweifeln.

Mein Rheumatologe nahm sich viel Zeit für mich. Er ordnete verschiedene Untersuchungen an und eine Darmspiegelung brachte die Diagnose: Ich hatte neben Morbus Bechterew auch noch Morbus Crohn. Umgehend stellten meine Frau und ich die Ernährung um, mein Medikament wurde an die neuen Bedingungen angepasst und mein Blick richtete sich wieder nach vorne.

Nur das vierzehntägige Setzen der Spritze erinnert mich daran, dass etwas nicht in Ordnung ist. Den Sport und damit die dringend notwendige Bewegung habe ich auch nach fünf Behandlungsjahren nicht aufgegeben. Unterstützende Gymnastik am Abend hilft dabei enorm. Die Schmerzen werden nie ganz verschwinden, aber ich komme auch ohne Schmerzmittel ganz prima klar.

Starke Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und ein Pfeifkonzert in den Ohren brachten dann eine neue Herausforderung mit sich. Im Mai dieses Jahres wurde per Zufall ein Hirnaneurysma bei mir entdeckt. Die Behandlung ist etwas schwieriger, weil eine OP mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden ist. Halbjährliche Kontrolluntersuchungen halten dieses Problem jedoch in Schach. Außerdem nehme ich an einer Studie teil, die alternative Behandlungsmethoden eines Hirnaneurysmas untersucht.

 

Immer das Positive im Auge behalten

Mit meinem Artikel suche ich nicht nach Anerkennung, denn die Suche danach kann einem auch zu schaffen machen. Aber ich möchte mit meiner Geschichte zeigen, dass es wenig Sinn macht, nach dem „Warum ich?“ zu suchen, denn diese Isolation kann zu Depressionen führen. Damit sinken auch die Lebensqualität und der Blick für das Lebenswerte. Denn die positiven Aspekte im Leben helfen enorm. In meinem Fall sind das meine großartige Ehefrau, meine tolle Tochter und mein starkes soziales Umfeld. Sie lassen mich leben, wie ich leben will. Einfach als normal arbeitender Zeitgenosse.

Mein Motto: „Du kannst die Sonne nicht durch bunte Farben ersetzen“. Nimm die Herausforderungen des Lebens mit Respekt an, handle danach und sei immer wieder mal ein kleiner Held! Du hilfst Dir und damit auch denen, die „mitleiden“.

In diesem Sinne grüße ich alle Helden, oder die, die es werden können.