Ulrikes Beitrag für Rheumahelden zum Thema "der lange Weg zurück ins Leben"

Der lange Weg zurück ins Leben

Heute möchte ich euch von meinem holprigen Weg in ein fast normales Leben mit RA und Neuropathie erzählen. Dieses ist dank einer guten Therapie und meiner Disziplin möglich.

Als bei mir die RA festgestellt wurde, hat meine Rheumatologin mir als erstes ein Medikament verschrieben, das mich von meinen Schmerzen befreit, aber gleichzeitig auch mein Gewicht und mein Aussehen sehr stark verändert hat. Durch die regelmäßigen Blutuntersuchungen (alle 14 Tage) konnten die Entzündungen gut überwacht werden. Es konnte sogar ein Rückgang der Entzündungen erzielt werden.

Als nächstes sind wir zu einer Basistherapie übergegangen. Dabei musste ich nur noch alle vier Wochen zum Blut abnehmen und das starke Schmerzmittel wurde mit der Zeit auch verringert. Das hat aber nichts an meinem Aussehen geändert. Ich habe mich immer weiter in mein Schneckenhaus zurückgezogen, weil ich mich einfach nicht leiden konnte. Ich fand mein Aussehen immer schlimmer, bin nicht mehr raus gegangen und konnte durch die RA auch nicht mehr arbeiten. Deswegen hat meine Rheumatologin mir geraten, die Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Zu meinem Erstaunen habe ich sie auch bekommen, so dass ich nicht mehr arbeiten brauchte. Ich war erleichtert und gleichzeitig aber auch traurig, habe ich doch so zusätzlich den sozialen Kontakt nach draußen verloren. Mein Tag verläuft nun nicht mehr geordnet, was mir früher sehr wichtig gewesen ist. Ich fiel in ein großes Loch und hatte nicht die Kraft, da selbstständig wieder raus zu kommen. Jetzt war es mir auch egal, wann ich die Tabletten genommen habe – morgens, mittags oder überhaupt … Ich bin auch nicht mehr zu meinen regelmäßigen Blutuntersuchungen gegangen. Das ist also mein Leben!!! Wenn ich heute so darüber nachdenke, war ich kurz davor, es zu beenden. Denn ich hatte keine Perspektive mehr. Mir wurde durch die Krankheit alles genommen. Am schlimmsten war, dass ich nicht mehr arbeiten konnte. Ich habe mein Leben lang gearbeitet und das auch noch gerne. Zudem habe ich auch gerne viel gestrickt, gebastelt oder meine Wohnung gestrichen. All das wurde mir von heute auf morgen durch die Krankheit genommen. Da kann man sich nur noch aufgeben …

 

Mein Neuanfang in ein anderes Leben

Ich weiß nicht, wann ich begonnen habe, die dunkle Welt zu verlassen …

Eines Morgens bin ich aufgestanden, habe mich im Spiegel angeschaut und zu mir gesagt: „Ulrike, wenn du jetzt nicht dein Leben von Grund auf radikal änderst, hast du nicht mehr lange eins …“. Ich habe mich also mit einer Tasse Kaffee hingesetzt, mir Zettel und Stift genommen und alles aufgeschrieben was zu einem neuen, schönen und anderen Leben gehört. Als erstes schrieb ich auf, dass ich einen Termin bei meiner Rheumatologin, die ich ja schon eine ganze Weile nicht gesehen habe, vereinbaren muss. Als zweites wollte ich bei meinem Hausarzt und als drittes bei meiner Neurologin anrufen. So habe ich viele Punkte aufgeschrieben und auch nach und nach abgearbeitet. Je mehr Punkte ich geschafft habe, desto besser habe ich mich gefühlt. Und es ging mir auch immer besser. Ich nehme jetzt meine Tabletten immer zur gleichen Zeit und habe gemerkt, dass mir eine zeitliche Strukturierung gut tut. Auch die Schmerzen ließen mit der Zeit nach. So habe ich gewisse Aufgaben mit einer Zeit versehen und so meinen Tag sinnvoll gestaltet. Da ich ja nicht arbeiten gegangen bin, habe ich sehr lange überlegt, ob ich mein Auto verkaufen sollte. Denn das sind Ausgaben, die ich gut einsparen könnte. Durch meine Neuropathie in den Beinen und Füßen habe ich leider das Gefühl verloren, d.h. meine Füße sind taub und dadurch fällt mir das Autofahren immer schwerer. Wozu also ein Auto haben, wenn man es sowieso nicht mehr fahren kann? Da kann ich das Geld für Versicherung, Sprit und Steuern auch sparen. Nachdem ich mein Auto verkauft habe, bin ich aufs Rad umgestiegen. Irgendwie muss ich ja mobil bleiben und schließlich nehme ich jetzt meine Termine bei den Ärzten sehr genau. Hinzu kommt, dass Radfahren mir und meiner Gesundheit sehr gut tut. Seit vier Jahren erledige ich nun alles mit dem Rad und seitdem habe ich auch keine Erkältungen mehr. Mein Immunsystem hat sich sehr zum Positiven verbessert und es geht mir generell auch besser. Das Leben macht wieder Spaß und ich gehe wieder mit einem guten Gefühl aus dem Haus. Meine Medikation konnten wir soweit zurückfahren, dass ich nur noch spritzen muss und auch die Blutwerte sind so gut wie schon lange nicht mehr. Die Entzündungen der RA habe ich dank meiner Therapie seit ein paar Monaten gut im Griff. Jetzt muss ich nur noch alle sechs Wochen zur Blutabnahme. Die Zeitabstände dabei werden immer größer, was mir mehr Raum für andere Dinge gibt. Im Großen und Ganzen bin ich rundum zufrieden, so dass ich mir jetzt auch vorstellen kann, wieder zu arbeiten. Das würde meinem Leben noch mal einen positiven Schub und auch wieder einen Sinn geben. Denn Arbeiten ist mein Leben und das fängt doch in meinem Alter nochmal neu an. Ich habe lange genug in einem Leben voller Frust und Schmerzen gelebt. Jetzt ist die Zeit, mein wieder gewonnenes, neues Leben mit der Krankheit anzugehen.

 

Danke für die lange, intensive Begleitung aus der Dunkelheit

Zum Schluss möchte ich mich bei meinen Ärzten von tiefstem Herzen bedanken. Sie waren immer für mich da und haben mich die ganze Zeit gut begleitet. Sie hatten stets ein offenes Ohr für mich und haben sich viel Zeit genommen. Wenn es mir mal wieder sehr schlecht ging, haben sie mich mit positiven Zusprüchen wieder aufgebaut. Ich weiß nicht, wie es mit mir weitergegangen wäre, wenn ich nur eine Nummer bei ihnen gewesen wäre!!! In der heutigen Zeit ist es nicht normal, so tolle Ärzte zu haben, die einen so innig begleiten und einem ein neues, anderes Leben aufzeigen.

Ich hoffe mein Blog hat euch gefallen und Mut gemacht, euer Leben trotz Krankheit von Kopf bis Fuß komplett neu zu gestalten. Auch wenn es schwer ist … Wenn der erste Schritt gemacht ist, wird es immer leichter. Ich wünsche Euch dabei viel Kraft und ein tolles, neues und anderes Leben, was auch spannend ist und werden kann …

 

Ganz liebe Grüße

Eure Ulrike