Gefühlsleben Angst vor der Zukunft Dass ich manchmal Angst vor der Zukunft habe, sieht man mir nicht an – man sieht mir Vieles auf den ersten Blick nicht an. In Bars mische ich mich unter die Leute, gehe feiern und tanzen und niemand ahnt, dass ich durchaus noch etwas Anderes in mir herumtrage, als nur Stress auf der Arbeit oder Liebeskummer. Sobald ich versuche meine Geschichte anderen zu erzählen, wird oftmals erst geschwiegen und die Nase gekrümmt, bis dann die ersten Fragen gestellt werden – keiner von ihnen hat diese Krankheit schon einmal in seinem Leben gehört, der Name ist eh unaussprechlich und allgemein kann sich auch niemand etwas darunter vorstellen. Dass ich „Rheuma“ habe, wäre zu einfach gesagt – dennoch ist es oft die einfachste Antwort, mit der sich am Ende alle abfinden und abspeisen lassen. Der Start in einen neuen Lebensabschnitt Im Frühjahr 2017 wurde bei mir Chronische Polychondritis diagnostiziert – eine sehr seltene Erkrankung des Knorpels und des Immunsystems, über die es weltweit leider nur wenige Studien und Erfahrungsberichte gibt. Bei dieser Erkrankung greift das Immunsystem den eigenen Körper an, was zu unterschiedlichsten, oft schmerzhaften Entzündungen – bevorzugt an den Gelenken, der Haut und den Blutgefäßen – führt. In Kombination mit einer ganzen Reihe an Begleiterscheinungen wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Konzentrationsstörungen lässt mich die Polychondritits oftmals gar nicht mehr richtig am normalen Alltag teilnehmen. Bis zu meiner Diagnose musste ich etliche Arztbesuche verschiedenster Fachrichtungen durchlaufen, mit dem Ergebnis, dass ich zum Schluss trotzdem immer wieder mit Kopfschütteln weitergeschickt wurde. Bis ich eines Morgens recht schnell in die Klinik musste. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten und bekam hohes Fieber – und ich würde behaupten, dass genau das meine Rettung war und der Start in meinen neuen Lebensabschnitt. Die Angst muss nicht immer negativ sein! Die Angst vor dem Unbekannten wurde gerade in der ersten Zeit zu einem recht unangenehmen und penetranten Begleiter. Wie viele Menschen glaubte ich, ich müsste meine Angst bis aufs Blut bekämpfen. Immer und jederzeit! Und wenn das nicht klappt, gibt es eine Runde Selbsthass. Aber das ist ein großer Irrtum – es führt dazu, dass wir völlig überzogene Erwartungen an uns selbst stellen und dadurch immer weiter in permanente Unzufriedenheit rutschen. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich verstanden habe, dass Ängste okay sind. Sie gehören zu uns, sie gehören zu mir – und wir werden immer welche haben. Die neue Linie meines Lebens Jetzt war es an der Zeit meine Krankheit vollkommen anzunehmen und nicht mehr zu klagen. Dass es gerade mich erwischt hat, ist wohl eine Laune der Natur und vielleicht der 6er im Lotto – natürlich bringt es auf den ersten Blick nur Hürden und Sorgen mit sich, im Nachhinein würde ich es jedoch durchaus als Segen bezeichnen. Vielleicht würde ich die oft noch so kleinen schönen Momente im Alltag gar nicht richtig wahrnehmen, wie ich es heute tue. Es war natürlich ein langsamer und schleichender Prozess bis zu meiner heutigen Einstellung. Ich begann mich mit meinen persönlichen Werten im Leben zu beschäftigen und darüber nachzudenken, was mir wichtig ist und wonach ich leben möchte. Jeder Mensch hat seine eigenen und unterschiedlichsten Werte – meine halfen mir, mich zu fokussieren und meinem Leben eine neue Linie zu geben. Meine Kraftquelle – meine Freunde und Familie! Es ist ein großes Glück für mich, meine Familie und meine Freunde, ob in schönen oder weniger glücklichen Situationen, hinter mir stehen zu haben. Niemand kennt mich so gut wie sie und ich darf immer und überall auf sie zählen. Es ist ein gutes und beruhigendes Gefühl für mich: Für sie ist es okay, wenn ich manchmal lieber meine Ruhe haben möchte, mir der Tag zu lange ist oder ich nicht fit genug für manches bin. Letztendlich nehme ich mir meine Kraft aus dem Gefühl angenommen zu werden und auch aus vielen anderen Dingen, wie den regelmäßigen Besuchen meines Heimatortes mit seiner beeindruckenden Natur und den vielen Wäldern, meinem eigenständigen und aufregenden Leben in Nürnberg, dem gelegentlichen Überwinden von Ängsten (Mein Geheimtipp: Bitte tut etwas, wovor ihr Angst habt – das Gefühl danach ist großartig!), meiner Arbeit und einer großen Portion Achtsamkeit und Dankbarkeit. Ich bin dankbar – jeden Tag. Und ich stehe jeden Morgen mit dem Gedanken auf, dass heute alles noch besser als gestern sein wird. 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